Wälder verändern sich – Funktionen bleiben
Die Wälder verändern gerade ihr Gesicht. Damit ist leider nicht das alljährliche Austreiben der Bäume gemeint. An vielen Stellen gibt es Kahlflächen und man erkennt ohne Probleme unzählige abgestorbene Fichten.
Trotz all dieser Veränderungen bleiben die unterschiedlichen Funktionen unserer Wälder, wie Wasserspeicher, Erholungsgebiet, CO²-Speicher oder auch Lebensraum für heimische Tiere erhalten.
Gerade die ökologischen Funktionen unserer Wälder dürfen nicht unterschätzt werden. Sie sind wichtig für unser Klima, für die Erosion oder auch unser Grundwasser.
Aus diesem Grund begrüßen die waldbesitzenden Gemeinden und die Verbandsgemeinde Nastätten ausdrücklich die von den beiden Regierungsfraktionen im Deutschen Bundestag eingebrachten Antrag zur Etablierung eines Honorierungssystems für die Ökosystemleistungen der Wälder.
„Gemeinsam mit allen Stadt- und Ortsgemeinden und den Förstern haben wir im Blauen Ländchen bereits im Oktober 2019 einen Forderungskatalog erstellt und an Vertreter im Bund und im Land Rheinland-Pfalz gerichtet. Darin geht es unter anderem auch um die nun beabsichtigte Honorierung der Waldleistungen“, so Bürgermeister Jens Güllering.
Das Forderungspapier „Wald im Klimastress – Hilfe für Waldbesitzer“ wurde seinerzeit von über 300 Bürgermeistern, Beigeordneten, Rats- und Ausschussmitgliedern im Blauen Ländchen unterzeichnet.
Zu der geplanten Honorierung hier die Pressemitteilung des Gemeinde- und Städtebundes:
Kommunalwaldvertreter begrüßen geplante Honorierung der Ökosystemleistungen der Wälder
Der Bundestag hat am Donnerstag, 22. April 2021 über den Antrag der Bundestagsfraktionen von Union und SPD beraten und die Bundesregierung aufgefordert, ein Honorierungssystems für die Ökosystemleistungen der Wälder zu erarbeiten. Ein dazu vorgelegter Antrag mit dem Titel „Ein vitaler, klimastabiler Wald nutzt uns allen – Ökosystemleistungen ausreichend honorieren“ (19/28789) wurde mit der Mehrheit von CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der AfD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen bei Enthaltung der Fraktion Die Linke angenommen.
Das Honorierungssystem soll eine richtige Balance zwischen der Honorierung von Managementleistungen zur nachhaltigen Waldbewirtschaftung, den biodiversitätsfördernden Waldumbau und der Honorierung der Klimaschutzleistungen schaffen. In dem Antrag heißt es, dass allein durch die CO2-Bindung in den Waldbäumen jährlich etwa 7 % der nationalen Treibhausgasemissionen gebunden werden. Die finanziellen Mittel sollen in die Entwicklung und den Erhalt von naturnahen und damit klimastabilen Wäldern fließen und somit wieder der gesamten Gesellschaft zugutekommen.
„Mit der Honorierung der Ökosystemleistungen der Wälder setzt die Politik an einer der wichtigsten Schaltstellen an, um in Zeiten des Klimawandels stabile, naturnahe und klimarobuste Wälder aufzubauen. Mit dem gestrigen Beschluss bringen die Parlamentarier nicht nur ihre Wertschätzung gegenüber dem Wald zum Ausdruck. Sie geben den Waldbesitzenden in der schwersten Krise der Forstwirtschaft auch eine Perspektive für eine nachhaltige Bewirtschaftung und Pflege ihrer Wälder. Gleichzeitig ist dieser Beschluss ein wichtiges Signal, dass es der Politik und auch unserer Gesellschaft etwas wert ist, den bestmöglichen Zukunftswald zu bekommen“, so der Vorsitzende des Gemeinsamen Forstausschusses „Deutscher Kommunalwald“, Dr. Karl-Heinz Frieden, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Gemeinde- und Städtebundes Rheinland-Pfalz, und Dr. Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes.
Multitalent Wald - es steht viel auf dem Spiel
„Drei Dürrejahre, Sturmschäden und Borkenkäferkalamitäten haben zu großen Schäden in den Wäldern geführt. Wir werden uns darauf einstellen müssen, dass die Krise weiterläuft. Das Waldsterben wird uns in den kommenden Jahren, wenn nicht Jahrzehnten, noch sehr viel abverlangen. Dabei geht es nicht nur um die Wiederbewaldung der Kalamitätsflächen und den Waldumbau hin zu Mischwäldern, was sehr viel Geld kostet.
Es geht insbesondere um die vielen Ökosystemdienstleistungen, die die Waldbesitzenden bisher unentgeltlich bereitgestellt haben: Klimaschutz, Kohlenstoffspeicher, Luftqualität, Biodiversität, Artenschutz, Gesundheits- und Erholungsfunktion, Raum für Kunst, Kultur und Naturerleben, Wasserverfügbarkeit und Wasserqualität, Bodenfruchtbarkeit, Erosionsschutz und vieles mehr. Der Unterschied zur Vergangenheit: Bisher ermöglichten die Erlöse aus der Holzproduktion die Finanzierung dieser Ökosystemdienstleistungen. Für die Zukunft wird erwartet, dass die in der Forstwirtschaft erzielbaren Erlöse die Kosten für diese Leistungen nicht mehr dauerhaft decken können. Das gilt insbesondere nach dem Ausscheiden des gewinnbringenden Brotbaumes Fichte. Mit dem Wald ist auf Jahre/Jahrzehnte kein Gewinn mehr aus dem Holzverkauf zu machen, geschweige denn die für den Klimaschutz so wichtige Wiederbewaldung und den Waldumbau finanzieren zu können. Daher braucht die Forstwirtschaft ein weiteres Standbein“, so Frieden und Landsberg.
Hoffnungsschimmer in den heimischen Wäldern
Im letzten Frühjahr wurden auf einer Gemeindewaldfläche mehrere Elsbeeren, Hainbuchen, Winterlinden und
Wildkirschen gepflanzt. Die kleinen Bäume hatten einen schweren Start und einen trocknen Sommer zu verkraften.
Sie haben es gut gemeistert, haben nicht nur überlebt, sondern sind auch gewachsen.
Nun treiben die Wildkirschen schon Blätter aus, wobei rundum noch alles ruht.
Doch die Knospen der Schwesterbäume wollen auch bald aufspringen. Hoffnungsfroh!
Forstrevier Nastätten
Borkenkäfer: Fichte weg – was nun?
Durch die Trockenheit in den Jahren 2018, 2019 und 2020 sind in unserer Region hunderte Hektar Fichtenbestände dem Borkenkäfer zum Opfer gefallen. Allein im Forstrevier Nastätten sind in diesen 3 Jahren mehr als 100 ha Kahlflächen nach Borkenkäferbefall entstanden. Die größten Kahlflächen waren als sogenannte “Reparationshiebe“ nach der Nutzung durch die alliierten Siegermächte mit Fichte aufgeforstet worden („Franzosenschlag“).
Die Schäden des Borkenkäferbefalls für eine nachhaltige Holznutzung, so wie wir diese in der Vergangenheit praktiziert haben, sind immens.
Die Frage, die derzeit verstärkt von interessierten Waldbesuchern und Bürgern an mich gestellt wird lautet meist sinngemäß:
„Fichte weg – was nun?
Um die Vorgehensweise hin zur Begründung eines neuen, klimastabilen Waldbestandes zu beschreiben, möchte ich die dafür im Vorfeld notwendigen Arbeiten skizzieren.
Erfassung, Vermessung der BoKä-Flächen- Vorbereitung der Pflanzungen
Grundlage jeder Planung zur Waldbegründung ist eine möglichst dauerhafte Erfassung und Vermessung der Kahlflächen. Hierzu gehört auch die Sicherung der auf der Fläche vorhandenen Feinerschließung (Rückegassen, Maschinenwege) mittels GPS-basierter Verfahren. Die Einmessung der Rückegassen ist notwendig, da das Ziel, den Waldbestand bei der Holzernte nicht mit schweren Maschinen flächig zu befahren, über mehrere Waldgenerationen angelegt ist. Mit der Einmessung sind diese Trassen vor Ort jederzeit wieder auffindbar.
Die exakte Vermessung der BoKä-Flächen ist wegen der sich daraus ergebenden Planungsdaten erforderlich für die zukünftigen Arbeiten und für die zu beantragenden Förderungen durch das Land RLP. Jede BoKä-Fläche muss begangen werden und vermessen werden, die Daten werden für die weitere Bearbeitung (z.B. Feststellung der Flächengröße, Festlegung von Pflanzarealen, Einmessen von jagdlichen Flächen etc.) in ein GPS-fähiges Programm übertragen und gesichert.
Neben diesen Vorarbeiten erfolgt für jede Fläche individuell eine Planung bezüglich der Notwendigkeit von Pflanzmaßnahmen, der standortorientierten Baumartenwahl, der Sicherung von brauchbaren Naturverjüngungsanteilen oder der Planung von Ergänzungspflanzungen in vorhandene Verjüngungen. In dieser Phase fließen die standörtlichen Voraussetzungen jeder BoKä-Fläche (Boden, Wasser und Nährstoffversorgung, Exposition etc.) in die individuelle Planung für die nächste Waldgeneration mit ein. Ziel muss es sein, eine neue Waldgeneration aus möglichst vielen, klimaresistenten Laub- und Nadelbaumarten zu begründen, die mindestens 100 Jahre wachsen können und in Zukunft, neben den biologischen und ökologischen Faktoren ( z.B. CO2-Reduktion, Auswirkungen für Wasserhaushalt, Biodiversivität und ökologische Vielfalt) auch den nachhaltigen Rohstoff „Holz“ produzieren.
Diese umfänglichen Planungsschritte für jede einzelne Schadensfläche erklären die zeitintensive Planung anhand anerkannter forstwissenschaftlicher Kriterien - eine Arbeit der nächsten Jahre für uns Förster!
Schwierigkeiten und Probleme
Nicht auf allen BoKä - Schadholzflächen ist bereits zum jetzigen Zeitpunkt ausreichend viel natürlicher Nachwuchs zukunftsfähiger Baumarten(=Naturverjüngung) vorhanden.
Reicht die zum jetzigen Zeitpunkt vorhandene natürliche Verjüngung auf den Schadensflächen nicht aus, muss auf der überwiegenden Fläche gepflanzt werden. Bevor die Pflanzung in den wenigen dafür in Frage kommenden Wochen (zeitiges Frühjahr oder Spätherbst) begonnen werden kann, ist es notwendig, die Pflanzplätze von Reisig und Kronenresten zu räumen. Die Frage des Schutzes der jungen Pflanzen vor Verbiss durch Reh- und Rotwild muss abgewogen werden. In der Regel müssen Wildschadensverhütungsmaßnahmen einkalkuliert werden (Einzelschutz je Pflanze oder flächenweiser Schutz durch Gatter). Sofern Gatter notwendig sind, empfiehlt sich der Bau des Gatters vor der Pflanzperiode, um die kleinen Pflanzen direkt geschützt hinter Zaun pflanzen zu können.
Benötigtes Pflanzmaterial aus der Baumschule muss rechtzeitig geordert werden – was voraussetzt, dass dieses Pflanzmaterial auch verfügbar ist! Gepflanzt wird nur herkunftsgesichertes Pflanzgut, im besten Fall aus „begleiteter Aussaat“. Das heißt, vom Ernten z.B. der Eicheln an eigens dafür ausgesuchten Bäumen in einer heimischen Wuchsregion, über die Aussaat der Eicheln in der Baumschule bis zum Transport der jungen Pflanzen an die spätere Pflanzfläche, kann lückenlos die Herkunft der Pflanzen nachgewiesen werden. Die benötigten Millionen von Pflanzen, die durch die Baumschulen für die Wiederaufforstung der vielen Schadflächen bereitgestellt werden sollen, müssen aber zuerst in der Baumschule herangezogen werden, bevor sie dann auf den Waldflächen gepflanzt werden können. Dieser Prozess dauert mindestens 2-3 Jahre, wenn man nicht fragwürdige Sorten und Herkünfte verwenden will, deren Reaktion auf die vermuteten künftigen Klimafolgen völlig unvorhersehbar sind.
Nicht zuletzt die Finanzierung dieser Maßnahmen, die in der Vergangenheit durch die Erlöse des Holzverkaufs der Fichte erwirtschaftet wurden, wird in Zukunft eine große Herausforderung für die waldbesitzenden Gemeinden sein. Daneben ist die Ausführung der vielen Pflanzflächen durch die vorhandenen Forstwirte und forstlichen Unternehmen nur über einen längeren Zeitraum zu organisieren – auch verfügbares Fachpersonal ist nur begrenzt vorhanden!
Hilfsangebote durch Bürger, Vereine und Institutionen
Zur Zeit erreichen mich viele Anfragen von interessierten Bürgern, Vereinen, Firmen und Institutionen bezüglich der Unterstützungsmöglichkeiten beim Aufbau von neuem, klimastabilen Wald. Dieses Engagement ist sehr begrüßenswert und wird im Rahmen der Möglichkeiten gerne angenommen. Sponsoring, tatkräftige Mithilfe bei Pflanzung oder vorbereitenden Arbeiten bieten sich an. Allerdings müssen zuerst die entsprechenden o.g. Vorarbeiten erledigt sein, um dann zielgerichtet die angebotene Unterstützung organisieren zu können. Hierbei bitte ich um Verständnis, dass nicht überall, zu gleicher Zeit und in jeder Gemeinde solche Projekte schon zum jetzigen Zeitpunkt möglich sind. Ich möchte dafür werben, diese Aufgabe als eine Aufgabe für die kommenden Jahre zu sehen, denn der Aufbau neuer Waldflächen im Forstrevier wird mit Sicherheit 5-10 Jahre in Anspruch nehmen.
Fazit
Die Auswirkungen des Klimawandels wurden uns in den letzen Jahren im Wald drastisch vor Augen geführt. Neben der nach wie vor notwendigen Ernte der vom Borkenkäfer befallenen Fichten, insbesondere in der Nähe von Straßen und vielbegangenen Waldwegen, beginnen die Arbeiten zur Begründung einer neuen, klimastabilen Waldgeneration.
Dies ist die Arbeit der nächsten Jahre – wenn nicht der nächsten Jahrzehnte!
Dabei ist eine sorgfältige, zielgerichtete und an anerkannten forstwissenschaftlichen Kriterien orientierte Planung und Umsetzung der erforderlichen Maßnahmen nach meiner Überzeugung notwendig. Förster denken in Zeiträumen von Generationen – ein neuer Wald benötigt Generationen zum heranwachsen. Geduld, Kontinuität und zielstrebige Ausdauer sind im Waldbau die entscheidenden Begriffe.
Ich hoffe, Sie als Bürger und damit als “Miteigentümer“ des kommunalen Waldes unterstützen unsere Bemühungen, den nächsten Generationen den Wald als wichtigen Lebensraum und nachhaltigen Rohstoffproduzenten zu erhalten und in eine bessere Zukunft zu überführen.
Andreas Meyer
Forstrevier Nastätten